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24.10.2024

Amtsangemessene Alimentation:
Umgang mit den Ablehnungsbescheiden

Besoldung Innenpolitik

Information für Mitglieder der
DGB-Gewerkschaften im öffentlichen Dienst
in Schleswig-Holstein

Das Land Schleswig-Holstein verschickt aktuell Ablehnungsbescheide für Anträge auf eine amtsangemessene Alimentation. Betroffen davon sind alle Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger, die für das Jahr 2023 einen Antrag auf amtsangemessene Alimentation gestellt haben.
 Die Ablehnungsbescheide sind ausführlich begründet. Zu den Hintergründen hat der DGB am 23. September eine ausführliche Mitgliederinformation veröffentlicht(s.u.).

Landesregierung lehnt Musterverfahren ab

Am 19. Juli 2024 hat der Landtag einstimmig das Gesetz zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung in Schleswig-Holstein im Jahr 2024 verabschiedet.

Mit diesem Gesetz wird aus Sicht der Landesregierung die amtsangemessene Alimentation der Beamtinnen und Beamten in den Jahren 2023 und 2024 gewährleistet. Dies wird im Rahmen der Gesetzesbegründung ausführlich dargelegt. 
Die Landesregierung hat Musterverfahren zur Überprüfung einer amtsangemessenen Alimentation für das Jahr 2023 gegenüber den Gewerkschaften mehrfach ausdrücklich abgelehnt. Für eine juristische Überprüfung wären damit in jedem Einzelfall ein Widerspruch und eine anschließende Klage vor dem Verwaltungsgericht erforderlich.
Die Erfolgsaussichten von Klagen sind differenziert und aufgrund der langen Verfahrensdauer bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nur mit erheblichen Unsicherheiten zu bewerten.

Aktuelle Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Hamburg

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat am 17. Oktober 2024 die Frage der Verfassungskonformität der Besoldung der Hamburger Beamtinnen und Beamten für das Jahr 2022 verhandelt. Gegenstand der Verhandlung waren vier ausgewählte Musterverfahren aus dem Bereich der A-Besoldung, von denen zwei vom DGB-Rechtsschutz vertreten wurden. 
Das Verwaltungsgericht Hamburg sieht in den Besoldungsgruppen A 8, A 9 und A 10 das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen und das Mindestabstandsgebot zum Grundsicherungsniveau im Jahr 2022 als verletzt an. Drei der vier Musterverfahren wurden dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Hamburg im Musterverfahren zur Besoldungsgruppe A 13 ist noch offen.

Die Verfassungskonformität der Versorgung und damit der Pensionen war nicht Gegenstand der Verhandlung. Zur amtsangemessenen Alimentation im Bereich der Versorgung generell gibt es bis heute keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – und damit auch keine Kriterien für deren Überprüfung. 

 

Was bedeuten die Hamburger Vorlagebeschlüsse für SchleswigHolstein?

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat geprüft, ob die Besoldung der Hamburger Klägerinnen und Kläger im Jahr 2022 evident unzureichend war. Dabei standen der neue Besoldungsergänzungszuschuss und die damit verbundene Umstellung im Besoldungsrecht auf eine Zwei-Verdiener-Familie ebenso im Fokus wie die Berechnung des Mindestabstandes zur Grundsicherung. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat u.a. die Verletzung des Abstandsgebotes in den unteren Besoldungsgruppen durch den Besoldungsergänzungszuschuss kritisiert. Der Hamburger Besoldungsergänzungszuschuss ist mit dem Familienergänzungszuschlag in Schleswig-Holstein vergleichbar. 
Bereits 2022 wurden in Schleswig-Holstein für die Familien mit Kindern, deren Familieneinkommen unter festgelegten Schwellenwerten liegen, Familienergänzungszuschläge eingeführt. Damit sollten Fallkonstellationen abgedeckt werden, in denen bisher nicht der Mindestabstand zur Grundsicherung erreicht wurde. Gleichzeitig wurde die vierköpfige Zwei-Verdiener-Familie als neue Bezugsgröße im Besoldungsrecht verankert. Mit der Verankerung der vierköpfigen Zwei-Verdiener-Familie im Besoldungsrecht war Schleswig-Holstein Vorreiter. Mittlerweile ist die Mehrheit der Länder diesem Vorbild gefolgt. Darunter alle norddeutschen Länder. Mit den Hamburger Vorlagebeschlüssen steht dieser Ansatz nun erstmalig auf dem Prüfstand. 

Chancen von Klagen hängt von der konkreten Fallkonstellation ab

Auch wenn aktuell die schriftliche Begründung des Gerichtes noch nicht vorliegt, lässt sich 
aus dem Vorgehen des Verwaltungsgerichtes Hamburg und der dortigen gezielten Auswahl einiger Verfahren aus insgesamt mehr als 8.000 vorliegenden Klagen ableiten, dass auch in Schleswig-Holstein die Chancen für Klägerinnen und Kläger mit zwei oder mehr unterhaltspflichtigen Kindern am höchsten sind, wenn sich diese in den Besoldungsgruppen befinden, die vom Familienergänzungszuschlag profitieren können bzw. als Familie mit zwei Kindern oder mehr Kindern den Familienergänzungszuschlag knapp nicht mehr 
erhalten. 
In Schleswig-Holstein gilt dies für das Jahr 2023 für Familien mit zwei oder mehr unterhaltspflichtigen Kindern insbesondere für die Besoldungsgruppen von A 6 bis A 9 in allen Erfahrungsstufen.

 

Was bedeutet das nun konkret für das weitere Vorgehen?

Einen Widerspruch zur Fristwahrung und als politisches Zeichen kann jeder bzw. jede
einlegen, der einen Ablehnungsbescheid erhalten hat. Dabei sind die Hinweise in der 
Rechtsbelehrung und insbesondere die Schriftform zu beachten. Ein Muster ist bei Bedarf 
über die Gewerkschaften erhältlich. Im Hinblick auf ein darauffolgendes Klageverfahren 
sind die Chancen einer derartigen Klage im Einzelfall und hinsichtlich der konkreten Fallkonstellation abzuwägen. Hier wird es auch auf die weitere Rechtsentwicklung und die 
Begründung der Vorlagebeschlüsse des Hamburger Verwaltungsgerichtes ankommen.