23.11.2025
Wir müssen Frauen den Weg frei machen – nicht schwerer
Ein Gespräch mit Anne Radon, der neuen Landesfrauenvorsitzenden der GdP Mecklenburg-Vorpommern
Mit Leidenschaft, klaren Zielen und einem offenen Blick auf die Realität: Anne Radon ist die neue Landesfrauenvorsitzende der GdP Mecklenburg-Vorpommern. Im Interview spricht sie über Gleichstellung, Sexismus im Polizeialltag, Vereinbarkeit von Familie und Beruf – und warum Frauenförderung kein Nischenthema, sondern ein Gewinn für alle ist.
„Ich wollte nicht nur mitreden, sondern mitgestalten“
Anne kennt die Landespolizei aus dem Effeff. Seit Beginn ihrer Dienstzeit ist sie Teil der Blaulicht-Familie – und seit Jahren gewerkschaftlich aktiv. „Ich bin seit Beginn meiner Dienstzeit Teil unserer Blaulicht-Familie“, sagt sie. „Es war schon immer mein Antrieb, für die Kolleginnen und Kollegen unserer Landespolizei etwas zum Besseren zu bewegen.“ Als Gleichstellungsbeauftragte im Landeswasserschutzpolizeiamt fand sie ihren Weg in die Frauengruppe der GdP MV – und blieb. „Das Engagement und der Zusammenhalt der Gewerkschaftsfrauen haben mich inspiriert. Ich wollte nicht länger nur mitreden, sondern mitgestalten.“
Viel vor – von Mentoring bis Menopause
Der neue Geschäftsführende Landesfrauenvorstand startet mit einem vollen Aufgabenpaket: „Wir wollen ein Mentoringprogramm für junge weibliche Führungskräfte aufbauen, Zugänge zu Fortbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten verbessern, Dienststellen in strukturschwächeren Regionen stärken und Themen wie Menstruation und Menopause enttabuisieren“, erklärt Anne. Eines liegt ihr besonders am Herzen: die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
„Das betrifft längst nicht mehr nur Frauen, ist aber immer noch Kernkompetenz der Frauengruppe. Zufriedenheit, Motivation und Gesundheit hängen entscheidend davon ab, wie gut Familie und Dienst zusammengehen.“
Familienfreundliche Polizei – Anspruch und Wirklichkeit
Rechtlich sei vieles schon möglich, aber im Polizeialltag greife es oft nicht. „Unsere Arbeit hat ihre eigenen Regeln. Die Instrumente zur Vereinbarkeit müssen so flexibel sein wie die Menschen, die sie nutzen sollen“, sagt Anne.
„Zufriedenheit, Motivation und Gesundheit hängen entscheidend davon ab, wie gut Familie und Dienst zusammengehen.“
Ihr Ziel: eine Rahmendienstvereinbarung, die die vorhandenen Regelungen auf die Landespolizei herunterbricht, ergänzt und konkretisiert. „Sie muss Verwaltungshandeln vereinheitlichen – und trotzdem Spielraum für Einzelfalllösungen lassen.“
Gleichstellung ist kein Selbstläufer
„Wir sind weit gekommen, aber noch nicht da, wo wir hinwollen“, sagt Anne. Sexismus sei im Polizeialltag leider immer noch Realität. „Gerade junge Kolleginnen erleben ihn beim Einstieg in den Beruf oft als Teil des Praxisschocks.“ Statt dass sich diese Probleme mit einem Generationenwechsel von selbst erledigen, beobachtet sie gesellschaftlich eher Rückschritte.
„Geschlechterklischees feiern ein Comeback – und das dürfen wir nicht einfach hinnehmen.“
„Geschlechterklischees feiern ein Comeback. Der Anteil junger Frauen bei den Einstellungen sinkt, und zu wenige schaffen es in Führungspositionen.“ Deshalb brauche es wache Dienststellenleitungen – sowohl bei der Prävention und Ahndung von Sexismus als auch bei der gezielten Förderung weiblicher Führungskräfte. „Wer die Besten will, kann auf Frauen nicht verzichten!“
Die gläserne Decke – und wie man sie durchbricht
Strukturell sei die Polizei noch immer männlich geprägt, sagt Anne. „Eine junge Kommissarin hat nach wie vor geringere Chancen, das Endamt ihrer Laufbahn zu erreichen als ihr männlicher Kollege. Die Barriere ist unsichtbar – aber real.“ Das Innenministerium habe sich bereits auf Zielquoten verständigt, doch es fehle an konkreten Leitbildern und Praxisanleitungen.
„Wer Gleichstellung ernst meint, muss Strukturen verändern – nicht nur reden.“
„Wir brauchen mehr als nur Zahlen. Netzwerke, Coachings und Mentoringprogramme stärken Kolleginnen, aber auch transparente Beförderungsverfahren und eine Organisationskultur, die Sexismus keinen Platz lässt.“ Dabei seien auch Männer gefragt: „Sie können eine Schlüsselrolle einnehmen, wenn sie Gleichstellung aktiv unterstützen. Am Ende profitieren alle Beschäftigten von einer modernen, menschlichen Dienstkultur.“
Frauenarbeit sichtbar machen – überall im Land
Für die kommenden Jahre hat sich Anne viel vorgenommen. „Wir wollen die Arbeit der GdP-Frauengruppe in alle Regionen tragen – in die Kreisgruppen, die Dienststellen, aber auch in die Öffentlichkeit.“ In Schwerin sei bereits ein starkes politisches Netzwerk entstanden. „Jetzt geht es darum, den Schulterschluss mit anderen Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft auszubauen. Unsere Themen verbinden Frauen weit über die Polizei hinaus.“
„Ich möchte, dass jede Frau in der Landespolizei weiß, dass sie Gehör findet.“
Besonders wichtig ist ihr der direkte Draht zu den Kolleginnen im Land: „Ich möchte, dass jede Frau in der Landespolizei weiß, dass sie Gehör findet. Wir sind da, wir hören zu – und wir machen uns stark für euch.“ Und weil Sichtbarkeit heute auch digital stattfindet, kündigt sie an: „Wir werden mit einem eigenen Auftritt bei Instagram präsent sein – @gdp_mv_frauengruppe. Folgt uns gern!“ Den Link und den QR Code um zur Seite zu gelangen, findet ihr unten.
Das vollständige Interview könnte ihr ebenfalls im GdP MV Landesjournal 12-2025, nachlesen.
