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Chat GPT

24.08.2025

Gelingt die Kompensation knapper Büroressourcen bei der Polizei durch Desk-Sharing und Home-Office?

In den Liegenschaften der Polizei und insbesondere in den Polizeipräsidien stehen wir vor einer herausfordernden Situation:

Der steigende Personalzuwachs trifft auf immer knapper werdende Büroressourcen. Diese Realität zwingt die Behörden, innovative Lösungen zu finden, um den Anforderungen einer modernen Arbeitswelt gerecht zu werden. Ein Pilotversuch zu Desk-Sharing und Home-Office soll, zunächst im PP Mittelhessen, hier kurzfristig Abhilfe schaffen. Indes ist die Implementierung mit zahlreichen Herausforderungen und Bedenken verbunden, die einerseits Personal als auch Behördenleitung betreffen.

Hintergrund und Notwendigkeit des Pilotversuchs

Über das LBIH wurde bekannt, dass man beabsichtige, bis 2025 rund 30 Prozent der angemieteten Landesliegenschaften abzubauen. Grund: CO2-Emissionen sollen dadurch reduziert werden. Kann man glauben, muss man aber nicht! Diese Entscheidung mag umweltpolitisch sinnvoll erscheinen, sie wirft jedoch grundlegende Fragen bezüglich der Arbeitsplatzgestaltung, insbesondere im Polizeibereich, auf. Wir Polizeibeschäftigten leben Polizei in einer komplett anderen Arbeitswelt als der Rest der Landesverwaltung.

Erfordert der Personalzuwachs in den Polizeibehörden eine effizientere Nutzung vorhandener Büroflächen? Können Desk-Sharing und Home-Office hier als mögliche Lösungsansätze dienen? Und wie sinnvoll sind diese Konzepte in der Polizeipraxis? Der Pilotversuch stellt eine recht frühe Phase dar, in der verschiedene Modelle getestet werden sollen. Die Hoffnung ist groß, dass durch flexible Arbeitsmodelle die Nutzung der vorhandenen Büroressourcen optimiert und gleichzeitig die Work-Life-Balance der Mitarbeitenden verbessert werden kann. Dennoch bleibt abzuwarten, ob die theoretischen Vorteile auch tatsächlich in der Praxis, insbesondere im Ermittlungsbereich und bei der Kriminalpolizei umsetzbar sind.

© Sebastian Schubert, GdP Hessen
Sebastian Schubert, GdP Hessen

Gemeinsame Bewertung der neuen Arbeitszeitformen

Ein zentrales Element im Rahmen dieses Pilotversuchs ist die gemeinsame Bewertung durch Behördenleitung und Personalrat. Nach Beendigung des Piloten werden beide Seiten sich an einen Tisch setzen müssen, um identifizierte Vor- und Nachteile dieser neuen Arbeitszeitformen zu erörtern. Diese gemeinsame Betrachtung ist unerlässlich, um Fehlentwicklungen frühzeitig zu identifizieren und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Besonders wichtig ist, dass Erfahrungen und Rückmeldungen der Kolleginnen und Kollegen mit einfließen. Die Polizeibeschäftigten sind es, die am Ende mit den neuen Regelungen leben und arbeiten müssen. Eine transparente Kommunikation und ein offenes Ohr für die Sorgen der Kolleginnen und Kollegen sind daher entscheidend, um Akzeptanz und Vertrauen in mögliche, neue Modelle zu stärken.

Herausforderungen des Desk-Sharing-Modells

Das Desk-Sharing-Modell bringt verschiedene Vorteile mit sich, jedoch auch erhebliche Herausforderungen. Viele Polizeibeschäftigte müssen aufgrund fehlender eigener Büroräume ihre kompletten Ausrüstungsgegenstände, die normalerweise ganze Schränke füllen, sowie dienstliche Utensilien und insbesondere Aktenbestände in laufenden Ermittlungsverfahren zu Hause aufbewahren. Diese Vorgehensweise birgt nicht nur Sicherheitsrisiken, sondern führt auch zu zusätzlichen Belastungen für die Ermittlerinnen und Ermittler, die dafür sorgen müssen, dass die dienstlichen Gegenstände sicher und unzugänglich für Dritte aufbewahrt werden. Im Piloten ist das von der Behörde bereitgestellte Transportbehältnis für Asservate kaum größer als eine handelsübliche Brotdose. Dies ist inakzeptabel, wenn wir an die voluminösen Materialien und Dokumente denken, die im Rahmen von Ermittlungen anfallen.

Es muss dringend eine Lösung gefunden werden, die sowohl den Sicherheitsanforderungen als auch den praktischen Bedürfnissen der Polizeibeschäftigten Rechnung trägt. Die Digitalisierung der Akten dauert eben! Auch bei der Polizei.

© Peter Wittig, GdP Hessen

Der „Hau-Ruck“-Ansatz ist nicht tragbar

Ein besorgniserregender Trend ist der Wunsch nach schnellen Lösungen im Sinne eines „Hau-Ruck-Verfahrens“. In den letzten Monaten haben wir zahlreiche Beschwerden aus vielen betroffenen Arbeitsbereichen vernommen, die vor einer schnellen Übertragung auf neue Arbeitsmodelle, ohne eingehende Betrachtung vorhandener Schwachstellen, warnen. Die Einführung von Desk-Sharing und Ausweitung der Home-Office Regelung darf nicht aus der Not heraus, sondern muss wohlüberlegt und unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren, dazu zählt explizit auch die Kriminalitätsbekämpfung auf der Straße, erfolgen. Bei möglichen Umsetzungen neuer Arbeitszeitformen muss darauf geachtet werden, dass die Qualität unserer Arbeit nicht leidet. Wir können nicht zulassen, dass unter dem Deckmantel der Effizienz und Flexibilität die Sicherheit und vor allen Dingen die gesetzlich einzuhaltenden Vorschriften unserer Kolleginnen und Kollegen nicht vollumfänglich eingehalten werden können.

Ausblick: Auf ein verantwortungsvolles Miteinander

Wie die Entwicklungen weitergehen, bleibt abzuwarten. Es liegt an uns, die Rückmeldungen aus diesem Pilotversuch ernst zu nehmen und darauf basierend bestehende Arbeitsmodelle weiterzuentwickeln. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Personalrat und Behördenleitung ist hierbei unerlässlich. Letztlich ist es unsere gemeinsame Verantwortung, die Weichen für eine zukunftsfähige Arbeitsplatzgestaltung zu stellen, die sowohl den gesetzlichen Vorgaben als auch den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht wird. Der Weg dorthin erfordert Geduld, Engagement und den Willen, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Gleichbedeutend braucht die hessische Polizei weitere Liegenschaften, um bei gleichzeitig ansteigender Kriminalität und einem personellen Zuwachs wirksam und bürgernah weiterhin Kriminalitätsbekämpfung effektiv durchführen zu können.

Für uns. Für unsere Arbeitsbedingungen. Für unsere Zukunft.

Weitere Informationen

© GdP Hessen

Jens Mohrherr

Landesvorsitzender

Telefon 0151/29218934