17.10.2024
Verwaltungsgericht Hamburg legt Besoldung des Jahres 2022 dem Bundesverfassungs-gericht vor
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat am gestrigen Donnerstag die Frage der Verfassungs- konformität der Besoldung der Hamburger Beamtinnen und Beamten für das Jahr 2022 verhandelt. Gegenstand der Verhandlung waren vier ausgewählte Musterverfahren aus dem Bereich der A-Besoldung, von denen zwei vom DGB-Rechtsschutz vertreten wurden.
Das Verwaltungsgericht sieht in den Besoldungsgruppen A 8, A 9 und A 10 das Abstands- gebot zwischen den Besoldungsgruppen und das Mindestabstandsgebot zum Grundsiche- rungsniveau im Jahr 2022 als verletzt an. Drei der vier Musterverfahren wurden dem Bun- desverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Nun wird darüber das Bundesverfassungsge- richt entscheiden müssen. Das kann leider Jahre dauern. Eine Entscheidung des Verwal- tungsgerichtes im Musterverfahren zur Besoldungsgruppe A 13 ist noch offen.
Die Klägerinnen und Kläger sind drei Polizeibeamtinnen und -beamte der Besoldungsgruppen A 8 bis A 10 und ein Lehrer der Besoldungsgruppe A 13. Keiner der Klägerinnen und Kläger hatte 2022 mehr als zwei Kinder. Das Verwaltungsgericht hat geprüft, ob die Be- soldung der Klägerinnen und Kläger im Jahr 2022 evident unzureichend war. Dabei stan- den der neue Besoldungsergänzungszuschuss und die damit verbundene Umstellung im Besoldungsrecht auf eine Zwei-Verdiener-Familie ebenso im Fokus wie die Berechnung des Mindestabstandes zur Grundsicherung. Die Verfassungskonformität der Versorgung und damit der Pensionen war nicht Gegenstand der Verhandlung.
Das neue Hamburger Besoldungsrecht steht auf dem Prüfstand
Mit den nun ergangenen Vorlageschlüssen steht das erst 2023 mit dem Hamburgischen Besoldungsstrukturgesetz eingeführte neue Hamburger Besoldungsrecht auf dem Prüfstand. Ziel des Gesetzes war es, eine amtsangemessene Alimentation der Hamburgischen Beamtinnen und Beamten rückwirkend zum 1. Januar 2022 herzustellen.
Es wurde mit dem Besoldungsstrukturgesetz u.a. ein Besoldungsergänzungszuschuss für die Familien mit Kindern eingeführt, deren Familieneinkommen unter festgelegten Schwellenwerten liegen. Damit sollten Fallkonstellationen abgedeckt werden, in denen bisher nicht der Mindestabstand zur Grundsicherung erreicht wurde. Gleichzeitig wurde die vierköpfige Zwei-Verdiener-Familie als neue Bezugsgröße im Besoldungsrecht verankert. Mit der Verankerung der vierköpfigen Zwei-Verdiener-Familie als neue Bezugsgröße im Besoldungsrecht folgte Hamburg der Linie mehrerer anderer Länder. Schleswig-Holstein hat bereits im Jahr 2022 ähnliche Regelungen geschaffen. Mittlerweile ist die Mehrheit der Länder und darunter alle norddeutschen Länder diesem Vorbild gefolgt.
Über die Besoldung der Jahre 2011 bis 2022 wird nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen
Insgesamt liegen nun mehrere Vorlagebeschlüsse für die Hamburger Beamtenbesoldung der Jahre 2011 bis 2022 dem Bundesverfassungsgericht vor. Am 7. Mai 2024 hat das Hamburger Verwaltungsgericht entschieden, vier Verfahren zur amtsangemessenen Ali- mentation in den Jahren 2020 und 2021 dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Im Jahr 2020 hatten der DGB und seine Gewerkschaften ihre Mitglieder zu Anträgen auf amtsangemessene Alimentation aufgerufen. Das Ergebnis sind mehr als 4.000 Verfahren beim Verwaltungsgericht Hamburg, die vom DGB-Rechtsschutz vertreten werden.
Wann das Bundesverfassungsgericht die ausstehenden Verfahren entscheiden wird, ist offen. Termine hierfür stehen noch nicht fest.
DGB warnt vor besoldungspolitischem Stillstand
Aus Sicht des DGB dürfen die Vorlagebeschlüsse des Hamburger Verwaltungsgerichtes nun zu keinem besoldungspolitischen Stillstand führen. Die Hamburger Beamtenbesoldung muss attraktiv und wettbewerbsfähig aufgestellt werden. Der Hamburgische öffentliche Dienst konkurriert mit dem Bund und anderen Ländern um die besten Bewerberinnen und Bewerber. Notwendig sind aus Sicht des DGB beispielsweise
➢ eine politische Garantie, dass die Tarifabschlüsse für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst der FHH auch in der nächsten Legislaturperiode zeit- und wirkungsgleich auf die Besoldung und Versorgung zu übertragen werden,
➢ die Angleichungszulage über das Jahr 2025 hinaus zu entfristen und in die Besoldungstabelle einzubauen,
➢ die im Rahmen der Kürzung der Sonderzahlung eingeführten Abzüge von den ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen in § 5 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtenver- sorgungsgesetzes (HmbBeamtVG) ersatzlos zu streichen und
➢ eine Weiterentwicklung des Zulagenwesens.
Senat und Bürgerschaft sind aufgefordert, hierfür die notwendigen Weichen zu stellen. Wie geht es weiter?
Noch liegen dem DGB und seinen Gewerkschaften die aktuellen Vorlagebeschlüsse noch nicht im Wortlaut vor. Auch die Entscheidung im Musterverfahren zur Besoldungsgruppe A 13 ist offen. Der DGB und seine Gewerkschaften werden weiter informieren.