jumpToMain
Rathaus Hamburg | © JC
JC

06.10.2024

Senat beschließt neues Disziplinarrecht – Nun ist die Bürgerschaft gefordert

Der Senat hat das Gesetz zur Änderung disziplinarrechtlicher Vorschriften beschlossen und am 24. September 2024 der Bürgerschaft zur Beschlussfassung vorgelegt (Hamburgische Bürgerschaft, Drucksache 22/16348). Damit ist nun die Bürgerschaft gefordert. Eine erste Beratung in der Bürgerschaft soll am 16. Oktober 2024 erfolgen.Der Beschlussfassung im Senat ging ein beamtenrechtliches Beteiligungsverfahren mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften voraus. Aufgrund der hohen Bedeutung des Gesetzgebungsverfahrens fanden sowohl ein Beteiligungsgespräch als auch ein Spitzengespräch mit Vertretern des Senats statt. In beiden Gesprächen haben Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaften GEW, GdP und ver.di ihre Kritik am Gesetzesentwurf deutlich gemacht. Am 19. Juli 2024 hat der DGB schriftlich Stellung genommen, die Kritik ausführlich begründet und Mindestanforderungen benannt.

Mit dem nun der Bürgerschaft vorliegenden Gesetzesentwurf hält der Senat grundsätzlich seine bisherige Linie bei. Der neue Gesetzesentwurf des Senats sieht weiterhin vor, dass in Hamburg künftig auch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, eine Zurückstufung und die Aberkennung des Ruhegehalts bei schweren Pflichtverletzungen durch eine Disziplinarverfügung der Dienstherren möglich sein sollen.

Der nun der Bürgerschaft vorliegende Gesetzesentwurf des Senates greift allerdings zwei Vorschläge des DGB auf. Er geht damit auf die Kritik zumindest teilweise ein. Entgegen den ursprünglichen Planungen sollen nun alle Disziplinarverfügungen – auch zu statusver- ändernden Maßnahmen – der Mitbestimmung des Personalrates unterliegen. Beson- ders in nicht eindeutigen oder strittigen Fällen können damit im Mitbestimmungsverfahren Entscheidungen begründet und kritisch diskutiert werden. Die letzte Entscheidung liegt allerdings auch hier beim Dienstherrn, da die Einigungsstelle nur eine Empfehlung abgibt.

Der neue Gesetzesentwurf reagiert auf Kritik der Gewerkschaften

Weiterhin wurde im nun vorliegenden Gesetzesentwurf klargestellt, dass Klagen gegen eine Disziplinarverfügung immer aufschiebende Wirkung haben. Die Anordnung eines sofortigen Vollzugs ist ausgeschlossen, allerdings sind Suspendierungen und eine Kürzung der der Bezüge möglich. Beide Punkte stärken im Vergleich zu früheren Entwürfen die Position der Betroffenen. Der Hamburger Gesetzesentwurf unterscheidet sich damit von den entsprechenden Gesetzen beispielsweise im Bund und in Baden-Württemberg.

Trotz der nun vorgesehenen Anpassungen in Reaktion auf die Kritik der Gewerkschaften behält der Senat grundsätzlich seine Linie bei. Damit bleibt auch die Kritik der Gewerkschaften an dem nun vorliegenden Gesetzesentwurf bestehen.

Härteste Disziplinarmaßnahmen sollen künftig ohne Gerichtsurteil möglich sein

Der Gesetzesentwurf des Senats sieht u.a. weiterhin vor, dass in Hamburg künftig auch die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, die Zurückstufung und die Aberkennung des Ruhegehalts bei schweren Pflichtverletzungen durch eine Disziplinarverfügung der Dienstherren möglich sein sollen. Diese schwersten Disziplinarmaßnahmen sind bislang den Gerich- ten im gerichtlichen Disziplinarverfahren vorbehalten. Dieses Verfahren soll nunmehr in Hamburg abgeschafft werden. Statt Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht erheben zu müssen, sollen die behördlichen Disziplinarorgane künftig sämtliche Disziplinarmaßnahmen durch Disziplinarverfügung aussprechen können. Die Betroffenen müssten künftig also gegen die Disziplinarverfügung klagen. Die Klage hätte dann aufschiebende Wirkung, gleichwohl sind eine Suspendierung und der Einbehalt von Dienstbezügen möglich. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, die Zurückstufung und die Aberkennung des Ruhegehaltes sind dabei als Maßnahmen dem Personalamt vorbehalten. Ein Widerspruchs- verfahren bei bisher den Gerichten vorbehaltenen Maßnahmen ist nicht vorgesehen.

DGB tritt für Beibehaltung des Richtervorbehalts ein

Der DGB hat den Gesetzesentwurf im beamtenrechtlichen Beteiligungsverfahren deutlich abgelehnt. Im Disziplinarrecht der Beamtinnen und Beamten ist es seit Inkrafttreten des Grundgesetzes anerkanntes Recht bis zum Landesdisziplinargesetz Baden-Württemberg von 2008 gewesen, dass disziplinarische Höchstmaßnahmen nur gerichtlich verhängt werden können. Die Abschaffung des bisherigen Richtervorbehaltes würde das Kräfteverhältnis im Disziplinarverfahren einseitig zu Gunsten der Dienstherren verschieben. Dies wäre ein massiver Eingriff in die Rechte der Beamtinnen und Beamten sowie der Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger. Der DGB sieht hierfür in Hamburg keine Notwendigkeit. Hamburg hat ein modernes und funktionierendes Disziplinarrecht.

Eine weitere Verschärfung würde auf massiven Widerstand stoßen

Neben dem Bund und dem Land Baden-Württemberg hat auch das Land Brandenburg das gerichtliche Disziplinarverfahren abgeschafft. Der entsprechende Gesetzgebungsprozess erfolgte kurz vor der letzten Landtagswahl in einem Schnellverfahren durch den Landtag. Gleichzeitig wurde ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungstreue für neue Beamtinnen und Beamte durch eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz im Landesbeamtengesetz verankert. Auch in anderen Bundesländern laufen Diskussionen zur Wiedereinführung dieses umstrittenen Instrumentes. In Hamburg gibt es aktuell eine Regelanfrage nur für den Bereich der Polizei. Eine Ausweitung auf alle neuen Beamtinnen und Beamten wäre kurz vor dem Ende der Legislaturperiode voraussichtlich nur im parlamentarischen Schnellverfahren ohne Beteiligung der Gewerkschaften möglich. Der DGB und seine Gewerkschaften warnen davor, auch in Hamburg einen entsprechenden Schritt zu gehen. Er würde auf massiven Widerstand des DGB und seiner Gewerkschaften stoßen.

 

V.i.S.d.P. DGB Nord, Abteilung Öffentlicher Sektor, Olaf Schwede,
Besenbinderhof 60, 20097 Hamburg, 7. Oktober 2024, Kontakt: olaf.schwede@dgb.de